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            Island 2003     ·     Zu Fuß auf dem alten Kjalvegur        ·        Landmannalaugar        ·         Þingvellir       ·        Reykjavík



   3. Juli 2003    ·    Abreise aus dem hitzegeplagten Deutschland
Der Abschied vom hitzegeplagten Deutschland fällt uns nicht schwer. Wir fliegen der untergehenden Sonne hinterher. Unter uns ein Ozean aus grauen, fluffigen Wolken. Ein Wolkenloch gibt beim Anflug auf Kevlavik den Blick frei auf das südliche Tiefland und die schwarze Fläche des Þingvallavatn. Die LTU-Maschine ruckelt durch die Wolkendecke und setzt kurz vor Mitternacht auf dem Flughafen Leifur-Eiríksson auf. Endlich wieder auf der Insel!

Auf den Flybus ist Verlass, er steht wie immer direkt vor dem Ausgang.
Und wie so oft führt die 3/4 Stunde Fahrt in die Hauptstadt durch eine wolkenverhangene graue Nacht und graue Lava. Kurzweilig denn wir ratschen mit einem Südtiroler der ins Hochland zum Wandern möchte. Nach nur 2 Stops springen wir bei der Jugendherberge im Laugadalur aus dem Bus und schlagen am benachbarten Campingplatz das Zelt im Dämmerlicht der grauen Sommernacht auf. Checken an der Rezeption ein und nehmen noch einen tiefen Schluck Isländische Luft bevor wir in den Schlafsack schlüpfen.

   04. Juli 2003    ·    Flug nach Egilsstaðir
Ohne Eile schlafen wir ein wenig länger. Der Morgenbus direkt zum BSI Bus Terminal ist inzwischen nicht mehr kostenlos, lese ich am schwarzen Brett. Für uns egal, wir lassen uns Zeit mit dem Zusammenpacken. Da wir in den Ostfjorden wandern wollen, hatten wir bereits von daheim einen Inlandsflug mit Air Iceland für 13:15 Uhr nach Egilsstaðir gebucht. Mit der Buchungsnummer erhält man am Check In die Tickets. Unkompliziert und deutlich billiger als Busfahren.
Der Stadtbus Linie 5 fährt praktischerweise auch vom Campingplatz direkt zum Inlandsflughafen
(Nachtrag: inzwischen muß man am Hlemmur einmal umsteigen).

Wir wollen dort unsere Rucksäcke schon mal einchecken, um dann noch befreit in der City zu bummeln. Doch eigentlich geht das gar nicht. Die Dame an Schalter aber ist sehr, sehr nett, und findet eine Lösung. Von dem kleinen Flughafengebäude sind es nur ein paar Gehminuten zu Tjörnin, dem Stadtsee im Zentrum von Reykjavík . Im Rathaus schauen wir uns das Gebiet zwischen Borgarfjörður eystri und Seyðisfjörður auf der genialen Reliefkarte an. 5 Tage wollen wir dort wandern. Im Reykjavík Tourist Information Centre, das seine neuen Räumlichkeiten in der Adalstræti bezogen hat, bekommen wir die Touristenkarte "Hiking Routes in East Iceland I" (1:75 000, 100 m Höhenraster). Sie enthält die Wanderwege samt ein einigen GPS-Punkten.

Derweil schöpfen wir doch noch Hoffnung auf dem Flug Island von oben betrachten zu können, denn der Himmel über der Stadt ist nur noch aufgelockert bewölkt. Fliegen in Island ist nicht viel anders als Busfahren, nur dass man in eine Fokker 50 steigt. Es kommen einige Passagiere zusammen, aber voll wird der Flieger nicht.
Unsere Hoffnung löst sich schnell in Luft auf. Der ganze Rest von Island scheint unter einer geschlossenen Wolkendecke zu liegen. Nur sehr wenige kleine Wolkenlöcher erlauben kurze Blicke

auf Gletscher und Seen in der Vulkanlandschaft des Hochlands. Aber diese Blicke lassen ahnen wie gigantisch so ein Flug sein muss, bei gutem Wetter. Für uns taucht Island erst wieder nach einer Stunde auf, als wir in ein grünes Tal abtauchen.
Auch wenn hier schon die LTU-Ferienflieger landeten, der Flughafen von Egilsstaðir ist winzig. Wir sind die einzigen Touris. Und auch die einzigen die nicht auf einen Abholer setzen können. Wir entdecken einen Kleinbus und fragen den Fahrer ob er in den Ort fährt. Ja meint er, er muss nur noch die Post einpacken. Er bringt uns direkt zum Campingplatz. Frei Haus!
Graue dicke Wolken haben sich auf den Bergen entlang des breiten, weit auslaufenden Tal festgesetzt. Der Campingplatz hier liegt nicht unbedingt wunderschön, ist aber ok. Bei der Rezeption, zugleich Information, gibt es begrenzt Sitzgelegenheiten im Warmen. Von einer Gruppe Franzosen und einem Radler bekommen wir mit, dass sie seit 2 oder sogar 3 Wochen kein anderes Wetter als tiefhängende Wolken und Nieselregen zu Gesicht bekommen haben. Die Stimmung ist muffig.
Wir wundern uns dass die Birken zum Teil bunte Blätter tragen und erfahren, dass später Frost daran schuld ist. Dagegen hatte es im Winter praktisch keinen Schnee. Wir erfahren auch dass unser Plan nicht ganz aufgeht. Der Bus nach Borgarfjörður eystri fährt erst am Montag, also in 3 Tagen. Das hatten wir im Vorfeld schon unter hlid@centrum.is erfahren. Deshalb wollten wir die Gegend um den Lagarfljót See erkunden. Leider fahren entgegen unserer Hoffnung offenbar keinerlei Busse dorthin.
Egilsstaðir selbst ist der Verkehrsknotenpunkt in Ostisland. Nahe beim Campingplatz gibt es 2 große Supermärkte und den Ortsmittelpunkt: die Tankstelle mit der obligatorischen Fast Food Raststätte. Dort finden wir auch unser Abendessen.


   05. Juli 2003    ·    Ausflug nach Eskifjörður
Der einzige Bus der neben den Ringstraßenbussen den Ort verlässt, ist der Bus nach Reyðarfjörður, Eskifjörður und Neskaupstaður. Drei kleine Fischer Orte mitten in den Ostfjorden. Dieser Landstrich ist für uns beide, abgesehen von der Ringstraße, ein gänzlich weißer Fleck auf der Islandkarte. Also warum nicht Eskifjörður?
Die Dame an der Rezeption weist uns ausdrücklich darauf hin, dass der nächste Bus zurück erst am Montag (!) fährt, rechtzeitig für den Borgarfjörður Bus aber in jedem Fall.

"Aber, ihr könnt ja per Anhalter zurück kommen." Auch der Busfahrer, unser netter Chauffeur von gestern, ist höchst erstaunt, dass er außer der Post noch uns im Bus sitzen hat. (Was wir da denn wollen?) Aushilfsweise, für einen Freund, fährt er. Sonst hat sein Vater einen großen Hof in Neskaupstaður, mit Pferden und allem drum und dran. Von dem zukünftigen Aluminiumkraftwerk bei Reyðarfjörður hält er nichts. Für die Menschen in der abgelegenen Region sieht er kaum Vorteile, die in keinem Verhältnis zu den Umweltzerstörungen aufgrund des Staudammbaus nördlich des Vatnajökull stehen. Bilder von dem betroffenen Gebiet www.inca.is/show

Am Ortsteingang von Eskifjörður pufft die Fisch(-mehl)fabrik bläuliche Wolken aus. Schrecklich sei der Gestank gewesen bevor entsprechende Filter eingebaut wurden, meint der Busfahrer. Nu ja, ein bisschen müffeln tut sie heute noch. Wir finden schnell den kleinen Campingplatz an einem Hang oberhalb des Rastplatzes nahe bei der Brücke. Auf einer schönen kleinen Rasenlichtung in einem Birkenwäldchen stellen wir das Zelt auf und packen die Rucksäcke rein. Wir staunen nicht schlecht, es gibt ein schönes Waschhäuschen mit warmen Wasser und Dusche. Das alles kostenfrei!
Wir durchstreifen den Ort. Allzu lange dauert das nicht. Am Wasser finden sich schöne alte Häuser, sogar ein Tor aus Walknochen. Die Information die ein paar Damen in Eigeninitiative betreiben finden wir auch, leider ist sie geschlossen. Auch das Schwimmbad ist über das ganze Wochenende dicht :-(     Wir kaufen noch im Supermarkt ein und ziehen Kronen aus dem Automaten bei der Bank. Alles in allem dauert das etwa 2 Stunden.
Mindestens 5 x kreuzt das Fahrschulauto unseren Weg in dem Ort ohne Ampel und jegliche andere fahrtechnische Herausforderung.

Langsam, das müssen wir eingestehen, wissen wir nicht so recht was unternehmen hier. Die Berge rundum stecken tief in den Wolken. Wir geben auf. Das Zelt wird eingepackt und wir bauen uns bei der Brücke über den Fjord auf.

Wir haben Glück, bereits das 3. Auto stoppt, ein älterer Herr in einem Geländewagen. Wir werfen die Rucksäcke in den Kofferraum, dem ein strenger Geruch entweicht. Wollfetzen lassen ahnen wer hier sonst transportiert wird. Verständigen können wir uns eigentlich gar nicht, der auf respektvolle Art kühle Mann spricht nur Isländisch, eine der vielen Sprachen derer wir kaum mehr als 3 Worte sagen und noch weniger verstehen können. Dass wir nur in den nächsten Ort zurück, Reyðarfjörður, wollen geht klar. Dort halten wir vor einem Laden mit Angel- und Jagd-Ausrüstung wohin das isländische Urgestein sogleich verschwindet. Wir stellen nochmals das Zelt auf dem wieder am Ortsausgang gelegenen Campingareal auf, um die Rucksäcke aufzubewahren. Die Besichtigung dieses Ortes dauert auch nicht allzu lange. Mit 700 Einwohnen deutlich kleiner als Eskifjörður, wirkt aber von der Infrastruktur her größer. Weitere 3 x begegnen wir dem altbekannten roten Auto: Fahrschultag am Fjord.

Das Zelt ist verwirrt, ein drittes mal wird es heute schon abgebaut. Diesmal geht es noch schneller: Ein blauer Japaner hält. Eine Österreicherin, gerade geschäftlich unterwegs, hat ihren Traum wahr gemacht und lebt seit einigen Jahren in Reykjavík. Die Winter seien hart, der kalte Wind macht mürbe, erzählt sie. Sie glaubt schon dass der Ort von dem Aluminiumwerk, das in ein paar Jahren hier den Betrieb aufnehmen wird, profitieren wird. Insgesamt aber wird auch ihrer Meinung nach weit mehr Schaden als Nutzen entstehen. Um die 1000 Italiener sind gerade am Staudammbau beschäftigt - ob sich schon jemand überlegt hat was die Folgen davon sein werden, bei den Verhütungsgewohnheiten der Isländerinnen... Ahhja ...
Sie würde uns glatt bis nach Borgarfjörður eystri bringen. Wir sind platt, beschließen jedoch aus einem Bauchgefühl heraus, unsere Wanderpläne zu ändern.

Vielleicht haben wir den Ostfjord-Örtchen nicht genug Chance oder Muße eingeräumt, doch den ausklingenden Tag im Café Nielsen in Egilsstaðir mit Waffeln und heißer Schoki bereuen wir nicht.
» Fotoalbum

 
   06. Juli 2003    ·    Egilsstaðir -> Akureyri


Die Ostfjorde-Tour wollen wir auf unbestimmt verschieben. Am Wetter soll sich vorerst nichts ändern und solange die Wolken so viel von den Bergen verhüllen reizt es uns nicht so sehr. Wir entscheiden uns für den Alten Kjalvegur im zentralen Hochland. Mit dem Ringstraßenbus kommen wir heute bis Akreyri. Bald führt die Ringstraße hinauf in die Jökuldalsheiði, ein Hügelland mit kleinen Seen, und auf den folgenden 100 km, hier noch immer nicht asphaltiert, durch unbewohnte Einöde. Trotzdem ein recht reizvoller Abschnitt. Für uns überraschend, hat sich die Führung der Ringstraße geändert, so dass sie nicht mehr an Möðrudalur, dem höchstgelegenen Hof Islands vorbeiführt. Nach einem kurzen Aufenthalt am Mıvatn geht's weiter nach Akureyri.

Günstige Gelegenheit dem Wikinger in der Einkaufsstraße einen Überraschungsbesuch abzustatten. Neben der roten Brennivín Nase trägt er einen knielangen, handgestrickten traditionellen Islandpulli. Und er ist nun wirklich ein stattlicher Wikinger!

Im Buchladen erstehen wir das Kartenblatt 55 Hveravellir (1.100 000) für die Wanderung. Zwar ist der alte Kjalvegur nicht komplett drauf, aber die Kronen für die zweite Karte sparen wir uns und setzen darauf die letzten Kilometer auch so zu finden.

Der Campingplatz liegt nicht eben idyllisch mitten in der Stadt, die sanitären Anlagen sind gut. Die Fischfabrik lässt sich manchmal geruchlich nicht verleugnen. Nebenan im Supermarkt füllen wir die letzten Lebensmittelreserven auf. In naher Nachbarschaft befindet sich auch das Schwimmbad wo man schön Hot Potten kann. Leider verpassen wir die Öffnungszeiten. Duschen kann man dann (die weitaus schlechtere Alternative) im Sportzentrum (?) nebenan, per Münzeinwurf.


   07. Juli 2003    ·    Fahrt nach Hveravellir
Endlich nähern wir uns doch noch einem konkreten Ziel. Wurde ja Zeit.
Um 9:00 startet der Kjölur Bus der Norðurleið, zuerst noch eine Weile Richtung Westen, um dann gen Süden auf die Hochlandpiste einzubiegen. Varmalið ist der letzte angesteuerte Posten der "Zivilisation". Wer noch was vergessen haben sollte, hat hier noch mal die Möglichkeit einkaufen zu gehen. Oder einfach schon mal vorbauen und Sandwiches, Pylsur með öllu (Hot Dog mit allem drin) und Softeis auf Vorrat futtern.

Nach gut 5 Stunden erreichen wir Hveravellir , die "Ebene der heißen Quellen". Auch hier hängen graue Wolken über dem Land. Das hindert aber nicht daran diese heißen Quellen zu erkunden. Die leuchtendblaue Bláhver, den fauchenden Sinterkegel Öskjuhólt. Über allem thront die große Gletscherkappe des Hofsjökull.
Auf der kleinen spritzenden Quelle oben (Bildchen), der Eyvindarhver, kochte der Geächtete Eyvindur das Fleisch gestohlener Schafe. Eyvindur genoss durchaus die Sympathie der Bevölkerung, doch von seiner Frau Halla wußte man wohl nichts Gutes zu berichten. So schreibt man ihr auch die Schuld zu, dass die beiden 20 Jahre der Verbannung, teilweise im lebensfeindlichen Hochland zubringen mussten. Nahe der Quelle befindet sich ein mit Steinen befestigtes Erdloch, darin sollen sie zeitweise gehaust haben. Auf einem kleinen Wanderpfad folgen wir noch eine Weile ihren Spuren. In einer Lavahöhle im Boden soll er sich auf der Flucht versteckt haben. Weiter des Weges erreicht man eine formschöne Lavablase. In dieser soll er gestohlene Schafe versteckt haben. Nachlesen kann man die Geschichte, die sich Mitte des 18. Jahrhunderts ereignet haben soll, in dem Buch Sagen und Märchen aus Island der kleinen Island-Bibliothek (ISBN 9979-51-046-3, in den Buchläden Reykjavíks erhältich).
Wir blicken über die Kjalhraun hinweg zum Hrútfell von dem 3 kleine Gletscherzungen herabfließen. Morgen brechen wir zu Fuß auf und werden ihn nach 2 kurzen Wandertagen auf dem alten Kjalvegur erreichen.
In Hveravellir werden 2 Wanderhütten privat unterhalten » www.hveravellir.is
Nicht zu verwechseln mit bewirtschaftet. Die Warden sorgen für Ordnung und stehen mit Rat zur Seite. Für Lebensmittel und Schlafzeug muss man selbst sorgen. Gegenüber auf der anderen Seite des Parkplatzes findet sich auf der buckligen Wiese ein gerades Platzerl für das Zelt.

Jetzt fängt es endgültig zum Nieseln an. Ein paar Isländer entflammen im Windschatten ihres Geländewagens einen Einweggrill. Denn auf Grillen kann keinesfalls verzichtet werden. Es besteht akute Vergiftungsgefahr durch Brandbeschleuniger.
Wir verschanzen uns erst eine Weile im Zelt, und wärmen uns anschließend in der bullig warmen Hütte auf. Erkundigen uns bei den Warden über den Wanderweg. Gegen einen Obolus kann man sich ein Swiss Miss gönnen um die Kälte schlagkräftig auch von innen zu bekämpfen. Das kann auf keinen Fall schaden!

» Fotoalbum Kjölur und Hveravellir

Solche Wetterbedingungen bedürfen spezieller Schutzkleidung.


   08. -11. Juli 2003    ·    Auf dem alten Kjalvegur
Eile ist nicht angesagt. Die Tagesetappen sind allesamt kurz. Wir starten in Hveravellir bei leichtem Nieselregen. Kaum haben wir die Wetterstation links liegen gelassen, wird waagerechter Regen daraus. Die Regenhosen müssen auch noch ran. Die 10 Km bis zum Þjófadalir laufen wir grad auf der Piste durch, über den Hügel Stélbrattur. Auf der Karte sehen wir erst später dass der alte Kjalvegur außen herum eingezeichnet ist. Einen Abzweig haben wir nicht bemerkt. Aber bei dem Wetter ...

Als wir vom Stélbrattur ins Miðdalir hinunterblicken, fliegen 5 Schwäne heran und landen in den grünen Berghängen an einem Bachlauf. Auf den Þjórfadalafjöll hängen die Wolken. Bisher kannten wir den Kjölur nur von der Straße aus, als eine große weite Kieswüste. Es ist überraschend hier diese grünen Täler vorzufinden.

Die Piste führt hinauf auf den kleinen Sattel Þröskuldur und endet hier. Ein Pfad führt hinunter in das ebenfalls schön grüne Þjófadalir wo wir schon die Wanderhütte erkennen. Sie ist winzig, ein Tisch am Fenster, rund rum 12 Schlafplätze in Stockbetten. Sonst nichts. Ein Stück gerade Wiese lädt zum Zelten nahe der Hütte ein. Entsprechend viele Schafe schlagen sich hier den Bauch voll. Unser Wasser holen wir weit oberhalb am Berghang.

Ein Abendspaziergang führt uns auf den kleinen Bergrücken Þverfell. Es gibt einen etwas schlecht auszumachenden Trampelpfad hinauf. Es erwartet uns ein phantastischer Blick auf einen Teil des Langjökull. Sogar ein paar Sonnenstrahlen streicheln den gewaltigen Gletscher von dem wir hier gerade mal einen Bruchteil sehen können.

Allgegenwärtig ist der Goldregenpfeifer. Sein Warnton verfolgt uns auf Schritt und Tritt, ändert den Ton je nachdem ob wir uns dem Vogel nähern oder uns von ihm entfernen. In der Hütte nehmen 2 Männer Quartier, sonst ist es ruhig im Tal.
Gegen 4 Uhr morgens werde ich von einem Klopfen geweckt. Die Schafe (die isländischen haben alle Hörnchen wie kleine Teufelchen) scheuern sich den juckenden Pelz an der Wellblechkante der Hütte und knallen dabei die Hörner gegen das Blech. Die Männer tun mir leid. Krabble halb aus dem Zelt und verscheuche die Tiere. Bemerke dabei, dass die Sonne über den östlich das Tal begrenzenden Hügelrücken kriecht. Die Gletscherzungen des Hrútfell werden golden angestrahlt. Muss wenigstens kurz aus dem Schlafsack raus und Fotos machen.

Die Hoffnung, es könnte Schönwetter einziehen, zerschlägt sich aber leider. Als wir gegen 8 Uhr aufwachen nieselt es bereits wieder. Die Männer kommen recht zerknautscht aus der Hütte. Die Schafe ...
Schnell ist das Tal zum südwärtigen Ausgang verlassen. Weite tut sich auf. Der Himmel ist gleichbleibend grau in grau. Aber es ist herrlich befreiend zu laufen mit dem Blick in die Ferne, auf kahle Bergrücken und große Eiskappen. Wir treffen lange Zeit nicht einen Menschen. Der Reitweg dem wir jetzt folgen, hat sich tief in die mit Wolliger Weide überzogene Erde eingearbeitet, gleicht einem Kartoffelacker. Auf der bequem zu begehenden Lava Kjalhraun treffen wir auf den Hrútfell mit seinen 3 herabfließenden Gletscherzüngelchen. In einem kleinen Canyon kommt ein schneller Fluss daher, und plötzlich taucht eine Brücke auf. Nicht ausgeschildert, aber es führen auf der anderen Seite Markierungspflöcke auf die Múlar Hügel hinauf. Dort oben kommen uns die ersten Wanderer der Tour entgegen. Auf der anderen Seite der Hügel muss nur noch ein Lavafeld gequert werden, dann ist auch schon die Hütte Þverbrekknamúli erreicht. Es ist eine Abkürzung, würde man dem Reitweg folgen erreicht man die Hütte von Osten her.

Es ist gerade mal früher Nachmittag. Die Etappen sind recht kurz. Die direkte Umgebung der Hütte bietet keinen wirklich idealen Zeltplatz (möglich sollte es aber schon sein, einen zu finden), dafür wachsen ganze Felder von Arktischen Weidenröschen. Wir quartieren uns drinnen ein. Ein separates Waschhaus mit Wassertoiletten bietet angenehmen Komfort.
Erkunden den weiteren Weg, zurück zum Reitweg. Stellen fest dass wir gerade einen großen Trupp Reiter mit freilaufenden Ersatzpferden verpasst haben. Schade, wäre sicherlich ein toller Anblick gewesen. Schon sind sie in der Ferne verschwunden.

Die Einraum-Hütte ist sehr gemütlich, es folgt das Studium der Hüttenbücher. Bei Windstille müssen die Fliegen hier eine rechte Plage sein. Ein Mädel berichtet von der Besteigung des Hrútfell - dem "Mountain without Summit". Ein Eintrag amüsiert uns besonders: Rodrigo will sich noch mal auf den Weg machen, weiter ins Þjófadalir, denn "maybe I meet Sarah there". Denn Sarah hat hier wie in Hvitarnes hinterlassen seit Tagen keine Menschenseele zu Gesicht bekommen zu haben. Und wirklich, Tom erinnert sich einen Eintrag im Gästebuch der Hütte im Þjófadalir - von einem lustigen Abend.
Ein anderer Eintrag: "Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen"
Wir teilen die Hütte diese Nacht mit einem französischen Pärchen.

Tags drauf folgen wir den Markierungen nach Osten, die Kerlingarfjöll im Blick, überqueren den Canyon auf einer weiteren Brücke. Dann geht es wieder weiter auf dem Reitweg. Wieder ist das Wandern von der wohltuenden Weite bestimmt. Im Rücken der Hofsjökull. Eine große Steinwarte ragt auf, vermutlich eine derer die der dänische Landvermesser Daniel Bruuns Ende des 19. Jahrhunderts errichtete als er die alten Reitwege wiederentdeckte.

Wir bekommen Rückenwind. Voraus sehen wir die Staubfahnen über der Kieswüste toben. Es bläst stärker und stärker. Wir kommen flott voran. Als es uns dann von der Seite erwischt, haben wir Mühe die Spur in dem herausgefrästen Reitweg zu halten.
Dann verliert sich plötzlich der konkrete Weg. Wir versuchen die Richtung zu halten und treffen tatsächlich wieder auf einen Wegweiser in Form von zwei Brettern auf dem Boden: Árbúðir und Hvítárnes, letztere ist unser Ziel. Mangels klar auszumachendem Weg gehen wir in die Richtung wo unserer Meinung nach die Hütte sein muss, und liegen sehr gut. Richtig verlaufen kann man sich eigentlich nicht. Fluss, Zufahrtspiste und See grenzen das Gebiet ein.

Hvítárnes war die erste Wanderhütte Islands überhaupt. Im Baustil angelehnt an die traditionelle Bauweise mit Grassdach. Richtig knuffig. Wir finden dort einen Koch vor. In großen Töpfen schmoren Fleischteile, Kartoffelsalat und weitere Köstlichkeiten, macht richtig Appetit. Das Essen ist aber leider nicht für uns, sondern für einen großen Reitertrupp bestimmt. Und er ist sich nicht sicher, glaubt aber die Hütte wäre dann komplett voll. Arbeitet normalerweise in Reykjavík, hat sich gedacht kochen für Reitgruppen "could be funny". Ist es dann aber wohl doch nicht.
Bei dem heftigen Wind ist an Zelten nicht wirklich zu denken, an Kochen mit dem Benzinkocher schon gleich gar nicht. Wir waren zwar schnell hier, aber die 8 Km auf der Piste zur Kjölur-Straße und somit der Bushaltestelle werden knapp. Wir versuchen unser Glück. Sand und kleine Bimsteilchen fegen uns um die Ohren. Aber keine Chance, sehen den Bus in der Ferne vorbeifahren. Also wieder zurück. Treffen mit einer isländischen Wandergruppe wieder bei der Hütte ein. Hier übernachten sollen wir uns gut überlegen. Hier spukt's nämlich! Die Wandergruppe ist nur auf Durchreise, gehen noch weiter nach Þverbrekknamúli. Gegen den Wind, viel Spaß!

Der Warden der nicht allzu weit entfernten Hütte Árbúðir schaut vorbei. Bei ihm können wir auch nicht schlafen, schon voll - Reitergruppe... Dann wird unser Koch unruhig, telefoniert, fährt weg. Da sitzen wir in all dem Essen. (Haben uns aber im Griff, naschen nicht!) Nutzen die Chance der noch herrschenden Ruhe um in der Hüttenküche für uns zu kochen. Aus der Tasche des Kochs schaut ein mind. 1000 Seiten starker Schmöker heraus: "Joy of Cooking".
Der Koch ist ziemlich stinkig als er wieder erscheint. Man hat ihn zur falschen Hütte geschickt. 3 gestiefelte Reiter helfen das ganze schöne Essen nach Árbúðir abzutransportieren.

Dann ist es still in Hvítárnes. Nur der Wind heult ums Gebälk. Und es ist kalt. Richten uns im kleinsten Raum ein. Dort gibt es einen Gasofen. Leider war nur noch ein Restchen in der Flasche. Die Flasche tauschen trauen wir uns nicht. Also frieren wir. Keine Chance zu zweit den Raum aufzuheizen. Es hat gerade mal 7 Grad. Recht ungemütlich. Spielen Karten so lange es auszuhalten ist. Der Hüttengeist scheint bekannt zu sein. Die Hüttenbuch-Einträge sind entsprechend phantasievoll und nicht geeignet für zarte Gemüter. Gott sei dank wird es nicht dunkel.

Am Abend wundern wir uns über lang anhaltendes lautes Gebrumme aus Richtung Parkplatz und Toilettenhäuschen. Dann ist wieder Ruhe. Kurz drauf, gegen 22 Uhr poltert es ums Haus. Es ist ein kräftiger Mann mit Islandpullover und Wolldecke unterm Arm. Ohne das es abwertend klingen soll, er sah aus wie ein Landwirt. Als ich nochmal raus musste (Wassertoiletten gibt es ein paar hundert Meter entfernt am Parkplatz), fand sich des Rätsels Lösung: Bei den Toiletten stand sein Güllemobil - zum Abpumpen selbiger. Feierabend mitten im Hochland.

Alles schläft in Hvítárnes. Nur die Gänse schnattern hier und da. Schnarchen dringt aus dem Nachbarraum. Doch so gegen 3 oder 4 Uhr werden sowohl Tom als auch ich wach. Auch das Schnarchen nebenan stoppt. Für eine Stunde lang sind wir alle 3 wach. Seltsam, aber wer weiß es schon, vielleicht ja doch ...

Der kommende Tag ist ein strahlender Hochlandtag. Kleine weiße Wolken, unendlich viel blauer Himmel, und eine unsagbar klare Luft. Nur die Staubfahnen wehen noch über den südlichen Teil der Kiesebenen. Diesmal erreichen wir die Bushaltestelle mehr als pünktlich. Im Bus ist nur noch ein Platz frei, einer muß auf dem Boden Platz nehmen. Hauptsache wir kommen mit. Unser Ziel heißt jetzt Hot Pot, Supermarkt, Burger. Nur die Reihenfolge ist noch unklar. All das erwartet uns in Selfoss.

Weil das Wetter tags drauf überhaupt nicht mehr toll ist, legen wir hier noch einen Ruhetag ein.

» Info und Kurzbeschreibung zum Wanderweg Alter Kjalvegur
» Fotoalbum alter Kjalvegur


   13. - 16. Juli 2003    ·    Ein paar Tage in Landmannalaugar
Tom äußert den Wunsch, nach Landmannalaugar zu fahren. Bei seinem ersten Besuch war das Wetter recht bescheiden. Ich habe auch kein Problem mit einem 6. Besuch. Dort angekommen regnet es allerdings auch erst mal. Aber ich bin nun mit einem Buch versorgt, und auch Spielkarten haben wir uns geleistet. Wir wollen das Wetter aussitzen. Gegen Mitternacht schau ich raus: blauer Himmel. Super! Aber wieder eine Täuschung. Am nächsten Morgen wieder geschlossene Wolkendecke, bis auf ein paar kleine Löchlein.

Aber es ist trocken und wir wandern Richtung Hrafntinnusker bis Storihver. Auch den Gipfel der Brennisteinsalda nehmen wir mit. Die Aussicht auf die Umgebende Bergwelt ist toll!

Der folgende Tag ist eher trüb. Verbringen ihn mit der Erkundung der umliegenden Täler. Ich hab in der Hütte noch die Übernachtungsgebühr für Hvìtàrnes bezahlt. Dort hatten wir kein passendes Geld mehr. Das Gespenst schein recht etabliert zu sein. "Ihr habt in der Hütte übernachtet?" "Äh, ja." Zur Kollegin: "Die haben in der Hvìtàrnes Hütte übernachtet!" Hätten sie nicht gemacht. Da wohnt doch ein Geist.

Tags drauf: das Wetter schon am Morgen bombastisch. Wir wollen heut Nachmittag den Bus nehmen, aber Zeit genug ist noch, um auf den Bláhnúkur, sozusagen den Hausberg von Landmannalaugar zu erklimmen. Die Rundumsicht ist einfach gigantisch, Fernsicht von bald 150 Kilometern, auf all die großen Gletscher. Am Abend erreichen wir wieder Reykjavík.


   17. - 20 Juli 2003    ·    Thingvellir / Reykjavík
Das Wetter immer noch mit hammerhaften 25 Grad. Die Isländer sitzen nur noch mit Unterhose im Geländewagen oder mähen im Bikini den Rasen. Selbst in Island kann ein wenig Kultur im Urlaub nicht schaden. Wir fahren nach Thingvellir. Der Bus fährt dort auch den Campingplatz an. Eine riesengroße Wiese. An langen Wochenenden oder gar Feiertagen dürfte hier einiges los sein. Die Isländer campen ja selbst außerordentlich gern. Mit Hauszelt oder Zelt-klapp-auf-Anhängern zumindest.
Auf gemütlichem Wege geht es zu der für Island geschichtlich bedeutsamen Stätte.

Durch Wald. Richtigen Wald. Welch seltsamer Geruch - für Island. Am Öxaráfoss bespritzen sich die Menschen zur Erfrischung mit Wasser. Auch das ist außergewöhnlich.

In und um die "Altmännerschlucht" versammelten sich ab 930 die Goden des Landes um die Althingversammlungen abzuhalten. Es tagte das Parlament, Gesetze wurden verlesen und Recht gesprochen. Gleichzeitig hatte die Sache auch Volksfestcharakter. Wo der Weg durch die Schlucht nach oben führt ist ein Informationszentrum entstanden. Ziemlich neu vermuten wir. Der Eintritt ist frei. Man erfährt hier sehr viel zu den geschichtlichen Ereignissen. Sollte man mitnehmen!

Die geologische Attraktion: von oben blickt man hier auf eine Art Niemandsland. Es ist die Nahtstelle an der Europäische und Amerikanische Erdplatte auseinanderdriften. 1-2 cm im Jahr.

Es ist kaum zu glauben, aber den nächsten Vormittag braten wir in der Sonne. Ich versuche mich in den schmalen Schatten des Zelts zu verziehen. Eine völlig neue Islanderfahrung.

Nachmittags geht es zurück nach Reykjavík, wo wir die letzten 2 Tage mit Bummeln und Shoppen verbringen. Die ganze Stadt ist auf den Beinen. Gearbeitet scheint kaum noch zu werden. Das Leben spielt sich komplett auf der Straße ab. Alle Cafes haben Tische und Stühle auf die Gehsteige geräumt. Am Platz vor dem Cafe Paris ist die Freiluft-Ausstellung "Earth from Above" mit Bildern von Yanne Arthus-Bertrand aufgebaut.

Wieder daheim liest man in den Geysir News: "Hitzewelle in Island In den vergangenen Tagen gab es eine Hitzewelle in Island. Am Wochenende ist die Temperatur an vielen Orten über 20 Grad gestiegen. Am Þingvellir und am Mıvatn wurden sogar Temperaturen bis 25 Grad gemessen."

Und wir waren dabei :-)

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